Unabhängiger Lehrerverband Sonneberg

 

Sen duddera

Wer sich wundert, welcher Sprache die Überschrift entspringt, dem sei versichert: Es ist Deutsch. Aber nicht irgendwelches Phantasie-Deutsch, sondern ursprüngliches, aus einer Stammessprache entwickeltes Deutsch, kurz: ein Dialekt. Und dieser Dialekt, auch Mundart genannt, heißt Fränkisch (auf Fränkisch: „Frrränggisch“). Doch was hat das alles mit dem tlv zu tun? Nun, es ist der Dialekt, der im tiefsten Süden Thüringens gesprochen wird. Und der tiefste Süden Thüringens ist die Heimat des ULV Sonneberg.

 Am Freitag, dem 01. September 2017, lud der Unabhängige Lehrerverband Sonneberg interessierte Kollegen und Verbandsmitglieder nebst Familien und Freunden der Mundart zu einem Mundartabend in die Gaststätte Luthardt ein. Das Programm gestalteten Mitglieder des Arbeitskreises Mundart Südthüringen und Mitglieder des ULV. Zum Vortrag kamen lustige und ergötzliche Geschichten, Gedichte und Lieder auf Fränkisch, genauer gesagt auf Mainfränkisch, ganz genau gesagt auf Itzgründisch. Und so wird im Vorfeld auf die Frage „Wenn is’n die Lesung?“ (Wann findet die Lesung statt?) bestenfalls geantwortet: „An Freidich ze Omd üm sechsa.“ (Freitagabend, 18.00 Uhr.), ungünstigstenfalls jedoch: „Wess niä, ouwe sen duddera.“ (Keine Ahnung, aber sie findet definitiv statt.)

 Weit mehr als 30 Mundartfreunde kamen zum Luthardt zu Bratwurst und Kaiserfleisch mit Sauerkraut und Bier. Die Vortragenden waren Renate Röther, die Chefin des Arbeitskreises, Wolfgang Brand, seines Zeichens Musiklehrer am Gymnasium Neuhaus a. R., und der Autor dieser Zeilen. Da die Mundartdichtung kein Feld kennt, das sie nicht beackern würde, und sich sogar intensiver mit sogenannten Tabu- oder Brisanz-Themen auseinandersetzt als die „hohe“ Literatur, gab es ein denkbar breites Spektrum an Texten und Inhalten. Vorwendegeschichten, Nachwendegeschichten, Vor- und Nachkriegsgeschichten, brandaktuelle Geschichten aus Politik und Gesellschaft, von Flüchtlingen und Migranten, Urlaubsgeschichten, Geschichten aus der Schule, von Schülern und Lehrern, von zu Hause, von der Fremde … die Aufzählung könnte noch seitenlang so weitergehen. Untermalt wurde das Ganze von der Musik Wolfgang Brands, der von ihm selbst vertonte Werke der Mundartler vortrug, sei es als Mundart-Rap, als Chanson oder als Moritat, um nur einige Genres zu nennen.

 Gegen 21.00 Uhr war der Mundartabend schließlich zu Ende, aber noch lange nicht vorbei. Dann kam nämlich die eine oder andere seltsame Begebenheit ans Licht, die manch dankbarer Zuhörer selbst zum Besten gab. Entlassen wurde das Publikum schließlich mit den Worten: „Un denkt dra: Me soll früh morchns su spaat aufstieh, dess me oms niä nei sein Bett ka, wall me noch drinnalicht!“ (Die Übersetzung wird aus Gründen der mundartlichen Dialektik dem Leser selbst überlassen.)

 Und wer bislang noch nicht wusste, dass der große deutsche Dichter und Schöpfer von Bildgeschichten Wilhelm Busch eigentlich „a Sumbarcher“ war, dem wird hiermit der Beweis geliefert:

De Fink un de Fruesch

In Öpflbaam, dou hockt a Fink,

Pföfft: „Pinkepink!“

A Laabfruesch, wu sich ou muss plouch,

Dar grabblt nauf, in Fink anouch,

Un blesst sich auf un geult uem rou:

„Ej, Nachber, ich bin aa noch dou!“

 

Un wie de Vuechl, dar wu flott

Sei Frühlingslied geträllert hot,

Tut jetz de Fruesch an fatzn Blääker,

Su wie a Naablhorn an Quääker.

 

„Jucheija!“, lacht de Fink sich schlapp.

„Ich hau jetz ab!“

Un flöcht devaa, sei Platz is laar.

 

„Wos!“, quakt de Fruesch. „Dös ka ich aa!“

Schnelzt dappert vürschich van sein Flaak,

Klatscht utn ufn hartn Draack,

Is britschabräät, ka niä mol gfletsch

Un hot fe ölla Zeit in Detsch.

 

Wenn ääne, wu mit Müh un Schiss

Groud nauf an Baam gegrabblt is,

Nu gläbbt, ar waar jetz vüechelich,

Dou errt dar sich.

            Dirk Seliger

          Hermann-Pistor-Gymnasium Sonneberg

Mundartabend1

 

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